Beamten-Kamasutra

„Herr Heuser vom Finanzamt“ erlebt Abenteuer im Außendienst. Den kabarettistischen Beitrag von Gernot Voltz aus dem Abenteuer-Heft von Alles André gibt es jetzt auch online zum Nachlesen.

Beamten-Kamasutra

Schönen guten Tag,

Heuser ist mein Name, Oberamtsrat, und Abenteuer begegnen mir in meinem Beruf tagtäglich und damit meine ich nicht das Überleben des Stammessens zwei in der Kantine. Nein, meine Abenteuer finden vor allem im Außendienst statt, denn ich muss des Öfteren den einen oder anderen Steuerpflichtigen aufsuchen, um vor Ort zu überprüfen, ob das alles stimmt, was in den Steuererklärungen so angegeben wurde. Neulich wollte jemand einen Lendenschurz als Berufsbekleidung absetzen, war aber von Beruf Filialleiter bei Edeka. Nun kannte ich zufällig diesen Supermarkt und war mir doch ziemlich sicher: Da läuft keiner im Lendenschurz herum. Erst letztens wollte ich dort Milch kaufen, gucke auf die Packung und sage zum Verkäufer: „Sehen Sie, die Milch ist ja über dem Haltbarkeitsdatum“, antwortet er mir: „Dann hätten Sie früher kommen müssen.“ Ich sage: „Die nehme ich nicht!“, worauf er erwidert: „Von mir aus, aber dann steht die noch länger da.“

Jedenfalls gehe ich zu der angegebenen Adresse dieses Herrn, schelle und es öffnet mir tatsächlich ein dürrer Mann im Lendenschurz. Es stellt sich heraus, dass dieser Edeka-Filialleiter nebenberuflich als Hobby-Schamane arbeitet, als Yogi. Er sagt, er würde sich schon lange mit Yoga beschäftigen, um sein persönliches Haltbarkeitsdatum zu verlängern. Ich sage: „Dann trinken Sie aber nicht die Milch aus Ihrem Supermarkt.“

Nun begann gerade ein neuer Yoga-Kurs und da ich überprüfen wollte, ob er wirklich als Yogi arbeitet, musste ich mitmachen. Bisher hatte ich mit solchen Dingen noch nie zu tun, im Gegensatz zu meiner Kollegin Frau Bergrath. Die hat neulich noch einen Workshop besucht, der ging über eine Woche und hieß „Das Yin und Yang des Atmens“, Programm: Montag und Dienstag Einatmen, Mittwoch Pause, Donnerstag und Freitag Ausatmen.

Beamten-KamasutraFrau Bergrath macht ja auch Pilates. Früher ging man zur AOK-Rückenschule, heute machen alle Pilates. Ich kenne Pilatus, „Ich wasche meine Hände in Unschuld“, aber Pilates? Sie hat es mir erklärt. Beim Pilates üben Sie so lange, bis Sie nicht Ihre Hände, sondern Ihren Rücken waschen können und zwar mit Ihren Händen und das, ohne dass Sie sich einen Hexenschuss zulegen und wenn Sie besonders gut sind, können Sie auch noch den Kopf drehen und sich beim Waschen zugucken.

Aber zurück zum Yoga-Kurs. Zu Beginn fragte der Yogi, ob einer von uns Ahnung von der indischen Kultur hätte. „Oh ja“, sage ich, „ich bin praktizierender Kantinen-Gandhi! Immer wenn ich das Stammessen zwei sehe, trete ich in den Hungerstreik.“ Aus meiner Sicht war es ein durchaus gelungener Scherz, der aber bei ihm nicht so ankam. Ich glaube, so ein indischer Fakir lacht erst, wenn er einen Fleischerhaken im Rücken stecken hat.

Aber dann legte der Yogi los, und zwar begann er mit magischem Handauflegen – bei den Frauen. Das wäre gut für die Aura-Reinigung, meinte er. Für mich sah es ein bisschen aus wie sexuelle Belästigung, aber den Damen schien es zu gefallen. Danach kam dann die erste Yoga-Übung, die hieß „Der gefaltete Ochsenfrosch macht ein Selfie von sich und der Morgensonne“ und dazu sollte man die Beine hinter dem Nacken verschränken. Das haben jetzt nicht alle geschafft, wie man an den verschiedenen Gelenkgeräuschen hören konnte. Eine Dame mir gegenüber ist sogar in Ohnmacht gefallen. Das mag aber vielleicht auch an der Kniescheibe gelegen haben, die dem Herrn neben mir rausgeflogen ist und die Dame zielgenau an der Schläfe getroffen hat.

Beamten-KamasutraDie zweite Übung hieß „Die göttliche Krake twittert mit dem Abendwind“ und dazu sollte sich jeder einen Partner suchen. Zu mir kam dann eine Dame aus Soest, die war jetzt weniger Krake, sondern mehr Kugelfisch. Ich habe nichts gegen ein paar Pfunde mehr, wobei ich bei ihr die Vermutung hatte, ihr Hausarzt heißt Doktor Oetker und empfiehlt ihr, jede Backmischung mit einem Kilo Butter anzureichern. Jedenfalls sollten wir uns mit Armen und Beinen so ineinander verschlingen, dass sich unsere Karmas mal „Guten Tag“ sagen können. Das hat sehr gut geklappt, wir waren nicht mehr die göttliche Krake, sondern der göttliche Doppelknoten, was sie zu der Bemerkung veranlasste: „Sie können das aber auch gut mit dem magischen Handauflegen.“ Ich sage: „Entschuldigung, aber ich weiß im Moment gar nicht, wo meine Hand ist“, da sagt sie: „Ich schon.“

Dann haute der Yogi auf einen Gong und wir sollten unsere Karmas wieder voneinander lösen, ging aber nicht. Wir waren total verkeilt und verflochten wie eine Mischung aus Zopfkuchen und Sicherheitsschloss. Zum Glück hatte der Yogi die Nummer von einem Bereitschafts-Orthopäden. Der kam dann, hat uns getrennt und auch sofort wieder eingerenkt.

Glauben Sie mir, Schultergelenke, Arme, alles tat mir weh. Ich war ein Büroinvalide, ich konnte zwei Wochen weder lochen noch heften. Abenteuer gut und schön, aber so etwas mache ich nicht mehr. Da bleibe ich lieber bei meinem Beamten-Kamasutra. Kennen Sie nicht? Beamten-Kamasutra, das ist, wenn man zwei Büroklammern so ineinander verhakt, dass man sich was dabei denken kann. Die Zigarre danach soll man sich dann natürlich nicht denken, sondern rauchen.

In diesem Sinne
Ihr Herr Heuser

Datum: 21.11.2014

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