Heimwerken als Nachbarschaftshilfe

„Herr Heuser vom Finanzamt“ schlägt wieder zu. Den kabarettistischen Beitrag von Gernot Voltz aus dem Do-it-yourself-Heft von Alles André gibt es jetzt auch online zum Nachlesen.

Heimwerken als Nachbarschaftshilfe

Schönen guten Tag,

Heuser ist mein Name, Oberamtsrat und beim Thema „Do-it-yourself“ muss ich an die Steuererklärung denken, die ich vor kurzem auf dem Schreibtisch hatte. Da wollte ein Herr seinen neuen Bandschleifer als Elektroradiergummi für sein Arbeitszimmer absetzen.

Wenn es ums Heimwerken geht, werden Männer eben kreativ, denn sie sind in ihrem ureigenen Element. Das konnte ich selbst beobachten, als ich letztens eine Steuerprüfung bei einem Baumarkt hatte. Da liefen fast nur Männer durch die Gänge. Alle mit einem verklärten Gesichtsausdruck, als wäre Bayern München gerade aus der Bundesliga abgestiegen. Die waren im Paradies. Wenn Sie mal beobachten, mit welcher inneren Gelassenheit ein Mann vor einem Fischer-Spreizdübel-Sortiment steht, wie er bedächtig, ja fast zärtlich, den einen oder anderen Dübel zwischen den Fingerspitzen rotieren lässt, um mit entrücktem, aber fachmännischem Blick die Anordnung der seitlichen Abspreizelemente zu überprüfen, dann wissen Sie, das ist spirituelle Dübel-Meditation kurz vor dem Übergang ins Moltofill-Nirwana.

In dem Moment können Sie einem Mann die Schädeldecke öffnen, das Gehirn herausnehmen, alles mal von innen sauber machen, Gehirn wieder reintun, Schädel schließen und der Mann wird erst aufwachen und protestieren, wenn Sie beim Tackern der Wundränder zu kleine Krampen nehmen.

Es gibt Männer, die verbringen mehr Zeit mit ihrem Schraubensortiment als mit ihrer Ehefrau. Wenn sie die Ehegattin mal mit einem romantischen Abend überraschen wollen, dann werden keine Rosenblätter im Schlafzimmer verstreut, sondern Laminatelemente. Ich glaube, wir hätten in Deutschland kein Problem mit der Geburtenrate, wenn es für Kinder einen Bausatz gäbe.

Heimwerken als NachbarschaftshilfeNun habe ich mir gedacht, wenn ich schon mal im Baumarkt bin, kann ich mir auch Hammer und Nägel kaufen, um endlich das Foto meiner Neffen im Wohnzimmer aufzuhängen. Darauf fragt mich der Verkäufer, in was für eine Wand ich den Nagel hauen möchte? Ist es Ziegelstein mit Hartputz, Feldstein im Extradry-Mörtel oder sogar Spannbeton mit Moniereisenrippen? Da käme ich mit einem Nagel gar nicht rein, da müsse gedübelt werden. Um ganz sicherzugehen, hat er mir den Wotan-XL-Bohrhammer von Blackstone empfohlen, 4.000 Watt mit Right-Left-Sensor und Speedpneumatik, 876 Euro. „Das Gerät im August 1961 in Ostberlin“, sagt er, „und die Mauer hätte keine vier Stunden gestanden.“

Das hat mich überzeugt. Ich habe ihn gekauft, zu Hause an der Wand die richtige Stelle gesucht und losgelegt. Wahnsinn. Drei Stunden lang der Bohrhammer, die Wand und ich. 500 Schläge die Minute, das geht durch – und zwar tief. Wenn Sie einen Herzschrittmacher haben, können Sie so ein Gerät nicht benutzen, der springt Ihnen nach dem ersten Schlag unkontrolliert im Thorax rum. Ich war hinterher fix und fertig. Gut, die Wand auch. Anders ausgedrückt: Das Loch war größer als der Wechselrahmen. Was heißt größer … Ich wollte an der Seite schon immer ein Fenster haben. Eine Panoramascheibe.

Aber dann habe ich festgestellt, dass so ein Bohrhammer auch bei der Begegnung mit Menschen eine große Hilfe ist. Meinem Nachbarn Brinkmann habe ich vor zwei Jahren mal 100 Euro geliehen, aber statt die mir endlich zurückzugeben, vertröstet er mich dauernd mit blöden Ausreden. Letztens sagt er, er hätte das Geld, aber im Tresor, und er hätte die Kombination vergessen. Ich sage, da helfe ich Ihnen, so was ist für meinen Wotan kein Problem. In zehn Sekunden war ich durch und hatte meinen Hunderter wieder. In dem Tresor lagen übrigens noch 145.000 Euro Schwarzgeld. Sie sehen, so einen Bohrhammer kann man auch als Mahnbescheid benutzen.

Oder der Schlehbusch von gegenüber, der hat einen Rottweiler. Drei Kilo steckt der jeden Tag in das Tier, aber nicht Schwein, sondern Rind. Und das kommt auch immer wieder raus und immer in meinem Vorgarten. Ich hab ihn höflich gebeten, ob er diesbezüglich mit dem Hund nicht woanders hingehen könnte. Sagt er: „Halt die Fresse, sonst sag ich: ,Fass!‘ Dann bist du der nächste Haufen, der in deinem Vorgarten liegt!“ Ich antworte: „Lassen Sie ihn ruhig springen, so was ist für meinen Wotan kein Problem. Zehn Sekunden, und dann können Sie Ihren Hund in ,Körperwelten‘ ausstellen!“ Seitdem ist mein Vorgarten sauber und der Mann zahlt jetzt sogar seine Hundesteuer.

Habe ich Ihnen eigentlich schon gesagt, dass ich inzwischen sehr gerne in meiner Siedlung wohne? Ich kann jetzt sogar in Ruhe meine Vasco da Gama auf der Terrasse genießen, ohne dass sich jemand über Qualm oder Geruch beschwert. Ich weiß nicht, warum, aber die Leute fangen allmählich an, mich zu respektieren.

In diesem Sinne
Ihr Herr Heuser

Datum: 12.02.2014

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