Herrn Heusers Filmkritik zum Europäischen Sommerkino

„Herr Heuser vom Finanzamt“ geht ins Kino. Die kabarettistische Kolumne aus unserem Themenheft gibt es nun auch hier zum Nachlesen.

Herrn Heusers Filmkritik zum Europäischen Sommerkino

Schönen guten Tag zusammen,

Heuser ist mein Name, Oberamtsrat. Beim Thema dieses Heftes muss ich sofort an mein erstes Kinoerlebnis denken, „Bambi“ von Walt Disney. Ich muss heute noch eine Träne verdrücken, wenn ich an diesen Film denke. Das ist ja so traurig, wenn schon nach fünf Minuten die Mutter von Bambi stirbt, und das arme Bambi weiß ja noch gar nicht, dass es Beerdigungskosten von der Steuer absetzen kann.

Traurig ist aber auch das Sommerkino, dass wir dieses Jahr wegen der europäischen Schuldenkrise erleben durften. Das Schlimme ist: Dieser Film hat offensichtlich Überlänge und ist noch lange nicht zu Ende. Er trägt den schönen Titel „My Big Fat Greek Helping“, handelt von der Euro-Rettung am Beispiel Grie-chenlands und ist der erste Film, der komplett aus Steuermitteln finanziert wird.

Kein Wunder, dass die Bürger jetzt Angst um ihre Euros haben. Gold heißt ja jetzt das Zauberwort für eine sichere Kapitalanlage. Alles flieht in Gold. Ich habe letztens am Rheinufer schon die ersten Goldwäscher gesehen, voll ausgerüstet mit Pfanne und Sieb. Plötzlich schrie einer: „Ich habe Gold!“ Es war nur eine leere Tüte „Rachengold“, aber immerhin. Wissen Sie, dass Josef Ackermann vor ein paar Wochen eine große Rede gehalten hat, in der er gegen die irrationale Finanzpolitik mit dem Euro und gegen Spekulation gewettert hat? Das ist erstaunlich. Die Deutsche Bank hat in den USA eine riesige Klage wegen Hypotheken-betrug am Hals, weil sie zig kleine Hausbesitzer in den Ruin getrieben hat – und jetzt macht Ackermann hier einen auf Moralapostel in Sachen Festgeld. Das ist so, als wenn ein katholischer Priester sich darüber beschwert, dass sein Sohn von einem Jesuiten-Pater angefasst wurde.

Ackermann war ja auch an den Brüsseler Verhandlungen wegen der europäischen Schuldenkrise beteiligt und hat dann verkündet: „Die europäischen Banken beteiligen sich mit 35 Milliarden an den Hilfsmaßnahmen.“ Für deutsche Banken bedeutet das 4,5 Milliarden, also auf freiwilliger Basis, es kann auch weniger sein. Das bleibt natürlich in der Selbstverantwortung der Banken. Beteiligung heißt in diesem Fall, dass die Banken die Laufzeit ihrer griechischen Kredite von 7 auf 15 Jahre verlängern. Dadurch sinken die Zinsen etwas und insgesamt hat Griechenland jetzt genug Zeit, mit der Griechenlandhilfe, die sie u. a. ja auch von Deutschland bekommt, seine Staatsanleihen bei den Banken zurückzuzahlen. Also die Banken beteiligen sich, indem sie nicht Geld geben, sondern nehmen! Das ist ein gutes Prinzip. Ich gebe Ihnen, geneigter Leser, einen aus, aber nur wenn Sie zahlen. Und zwar mein Bier mit.

Ich glaube, der ganze Euro-Schutzschirm ist wieder mal eine groß angelegte Banken- und Hedgefonds-Rettung. Die haben alle mit diversen Staatsanleihen spekuliert und damit die nicht zusammenbrechen, muss der Steuerzahler wieder retten. BRD: Banken-Rettung-Deutschland, das sind wir und in diesem Falle über den Umweg Griechenland.

Einige Rentner und Kleinsparer, die ihre ganze Altersversorgung bei dem Untergang der Lehman-Brothers-Bank verloren haben, haben jetzt beim Standesamt eine Namensänderung beantragt. Sie wollen „Griechenland“ heißen, dann kriege man es hinten und vorne reingeschoben, sagen sie. Ansonsten krähe ja kein Hahn mehr nach ihnen.

Dass Griechenland pleite ist, daran besteht kein Zweifel. Schade um dieses schöne Land, das diese großen Denker hervorgebracht hat wie Platon, Aristoteles, Rehagel. Wissen Sie, warum Griechenland u. a. vor dem Bankrott steht? Weil es 4 % von seinem Bruttoinlandsprodukt für Rüstung ausgibt, übrigens der höchste Etat in ganz Europa. Und was haben sie sich gekauft? Sechs sehr teure deutsche U-Boote von Thyssen-Krupp. Aber das muss man verstehen. Die Griechen brauchen die, die tauchen damit rund um Zypern, denn die Türken haben auch U-Boote. Und die Griechen haben Angst, dass die Türken Zypern heimlich unter Wasser absägen und ans Festland schleppen.

Natürlich sollte man den Griechen helfen, aber mein Vorschlag wäre: Wir schicken kein Geld, wir schicken Päckchen nach Griechenland. Das hat doch früher bei uns auch geklappt. Wir haben 40 Jahre Päckchen in die DDR geschickt und heute gehört die uns. Und das Schöne war: Die Kosten für diese Päckchen konnte man von der Steuer absetzen. Steuerlich geförderte Landnahme, so etwas gibt es nur in Deutschland. Ich finde, so könnte man mit den anderen Ländern auch verfahren, Irland, Italien, Spanien usw., und so eine Art der europäischen Wiedervereinigung würde ich dann sogar mit einer handgerollten Longfiller feiern.

In diesem Sinne:
Ihr Herr Heuser

Datum: 18.01.2012

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